INDUSTRIEGESCHICHTE Lenzing

Die Geschichte der heutigen Lenzing AG beginnt mit dem Papierindustriellen Emil Hamburger, der von 1891 bis 1894 vier bestehende Mühlen an der oberen Ager erwirbt und diese zu zwei Zellstoff- und Papierfabriken ausbaut. Am Standort der ehemaligen Starlingermühle entsteht die Zellstoff- und Papierfabrik Lenzing und am Standort der ehemaligen Papiermühle in der Au die Papierfabrik Pettighofen. Die erworbene Fellingermühle dient als Wohnstätte für Werksangehörige, während die Raudaschlmühle als Sägewerk und ebenfalls als Wohnstätte verwendet wird.

1907-1938
1907 werden Hamburgers Unternehmen an der Ager in die Papierfabrik Lenzing Aktiengesellschaft eingebracht. Die Aktienmehrheit übernimmt die Anglobank. Danach wechseln die Mehrheitseigentumsverhältnisse mehrmals, bis 1935/36 die Bunzl-Konzern-Holding AG aus der Schweiz die Mehrheit des Aktienkapitals übernimmt. Dieser Übernahme folgt eine Modernisierung und Vergrößerung der Zellstoffproduktion. In Betrieb genommen wird die umgebaute Zellstofffabrik am 7. März 1938, drei Tage vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten.

1938-1945
Nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten wird die jüdische Familie Bunzl de facto enteignet und der Plan zur Errichtung einer Zellwolleproduktion umgesetzt. Ein wahrscheinlich gelegter Brand vernichtet die Papierfabrik unmittelbar nach dem Einmarsch. Noch vor der formellen Übernahme der Papierfabrik Lenzing durch die Thüringische Zellwolle AG wird am 21. Mai 1938 die Zellwolle Lenzing Aktiengesellschaft gegründet. Die zuvor abgebrannte Papierfabrik wird wieder aufgebaut. Die Papierfabrik Pettighofen wird stillgelegt und die Maschinen werden nach Lenzing übersiedelt.

1940 werden beide Firmen zusammengelegt und in Lenzinger Zellwolle- und Papierfabrik Aktiengesellschaft umbenannt. Sowohl die Zellwollefabrik als auch die Papierfabrik müssen der Kriegswirtschaft dienen. In der Folge wird 1944 in Pettighofen ein Nebenlager für Frauen des Konzentrationslagers Mauthausen errichtet. Die KZ-Häftlinge werden wie zahlreiche andere Zwangsarbeiter unter unmenschlichen Bedingungen vom Nazi-Regime im Werk Lenzing eingesetzt. Gegen Ende des Krieges muss die Zellwolleproduktion aufgrund von Rohstoffmangel eingestellt werden.

1945-1969
Die Siegermächte können überzeugt werden, dass die Zellwollproduktion für die österreichische Textilindustrie von Bedeutung ist und so kommt es mit Bankenunterstützung zur Wiederaufnahme der Produktion. 1949 wird die Zellstoff- und Papierfabrik dem früheren Besitzer Bunzl & Biach AG rückerstattet. Die Zellwolle Lenzing AG und die Lenzinger Zellulose und Papierfabrik AG erfahren einen Aufschwung. 1969 werden beide Betriebe durch Übernahme zusammengeführt.

Seit 1969
Durch die permanente Entwicklung neuer Naturfasern erlangt das Unternehmen eine Marktführerschaft, die bis heute anhält. Seit dem Jahr 1984 ist der Name Lenzing AG eingetragen und 1985 erfolgt der Gang an die Börse.

Quelle: Archiv der Marktgemeinde Lenzing, R. Sandgruber, Lenzing. Anatomie einer Industriegründung im Dritten Reich (Linz 2010)
Foto: Papierfabrik Lenzing 1934, Quelle: Archiv der Marktgemeinde Lenzing