PAPIERFABRIK PETTIGHOFEN

Die 1891 von Emil Hamburger erworbene Papiermühle in der Au wird abgerissen und wird als Papierfabrik Pettighofen neu aufgebaut. Sie geht am 1. August 1896 in Betrieb. Die miterworbene Fellingermühle wird zu einem Wohnhaus für Werksangestellte umgebaut.

Schwerer Beginn
Der Arbeitsalltag ist um 1900 sehr schwer. Ein 12-Stunden-Tag an 330 Arbeitstagen ist unter schwierigen Arbeitsbedingungen eine große Belastung. Der Verdienst ist so gering, dass meist auch Frauen und Kinder in der Fabrik arbeiten müssen. Immer wieder kommt es zu schweren Arbeitsunfällen, die durch Übermüdung und Umgehung von behördlichen Vorschriften verursacht werden. Ein Eintrag in der Seewalchener Gemeindechronik von 1905 vermerkt, dass diese Fabrik den Beinamen „Krüppelfabrik“ erhalten hat. In diesem Jahr organisieren sich die Arbeiter in Pettighofen, um bessere Bedingungen zu erreichen. Die Gruppe Lenzing des Verbandes der „Papier-Chemische- und Gummiindustriearbeiter Österreichs“ wird gegründet; ein Jahr später der „Verband der Holzarbeiter“ in Schörfling.

1907
Aus der OHG wird die Lenzinger Papierfabrik AG mit einer neuen Besitzerstruktur. Diese Umstrukturierung hat zur Folge, dass die Anlagen modernisiert und ausgebaut werden. Diesen Aufschwung nutzen die Arbeiter, um den Forderungen nach humaneren Arbeitsbedingungen Nachdruck zu verleihen.

Erster Weltkrieg und Nachkriegszeit
Der Erste Weltkrieg macht die mühsam errungenen Verbesserungen zunichte und auch der 10-Stunden-Tag geht wieder verloren, zudem herrscht ein großer Arbeitskräftemangel. 1919 findet eine Hungerdemonstration der Arbeiter der Fabrik Pettighofen, Lenzing und Raudaschlmühle wegen der stark gestiegenen Lebensmittelpreise vor der Bezirkshauptmannschaft in Vöcklabruck statt. Anschließend kommt es zu Lebensmittelplünderungen in Gasthäusern, einigen Villen am Attersee, im Seehof und im Meierhof des Schlosses Kammer. Ab 1930 wird die Weltwirtschaftskrise spürbar. 1932 schließt die Fabrik Pettighofen vorübergehend. Es ist zwar eine kurzzeitige Beschäftigung möglich, aber viele Arbeitnehmer bleiben jahrelang arbeitslos. 1935/36 erhält die Bunzl Holding Gesellschaft die Aktienmehrheit der Papierfabriken in Lenzing und Pettighofen.

Das Ende
Am 12. März 1938, als deutsche Truppen in Österreich einmarschieren, bricht in der Lenzinger Papierfabrik ein Großbrand aus. Die Bunzl AG muss ihre Fabriken an die Thüringische Zellwolle AG zwangsverkaufen, die Anlagenteile aus Pettighofen werden für den Wiederaufbau in Lenzing verwendet und die Papierfabrik Pettighofen wird geschlossen. Ab Oktober 1944 wurde das Gebäude als Nebenlager des KZ Mauthausen für die Inhaftierung von etwa 570 Frauen zweckentfremdet. Nach dem Krieg nutzt noch die Verbandsmaterialfirma Starsana die Werksgebäude, bevor sie ab 1965 geschleift werden.

 

Quelle: Archiv der Marktgemeinde Lenzing, R. Sandgruber, Lenzing. Anatomie einer Industriegründung im Dritten Reich (Linz 2010)
Foto: Papierfabrik Pettighofen 1909, Quelle: Archiv der Marktgemeinde